Arzt-Untersuchung:
30 Prozent Besucher
fand "totale Heilung" in Nordenauer Grube
von
Herwig Lorenz
30 Prozent der Besucher der Grube Brandholz fand durch Stollenbesuch "totale
Heilung", 28 Prozent verspürte eine "deutliche Besserung".
So steht es in einer Studie, die der Allgemeinmediziner Dr. Hans-Jürgen
Steinbrück aus Frankfurt über einen Zeitraum von mehr als drei
Monaten angefertigt hat.
Steinbrück
hat von September bis Dezember 1992 "auf freiwilliger Basis"
42 Menschen befragt, die in dem stillgelegten Schieferbergwerk am Stadtrand
Schmallenbergs im Hochsauerland Linderung von meist chronischen Erkrankungen
suchten. Der Nordenauer Bergstollen mit geheimnisumwitterten Erdstrahlen
und heilendem Quellwasser war von den Medien bundesweit zur "Wundergrotte"
hochgejubelt worden und hatte wahre Besucherinvasionen erlebt.
Dass tatsächlich was dran sein muss an der Heilkraft des Stollens,
schrieb Arzt Steinbrück Grubenbesitzer und Hotelier Theo Tommes (43)
im Luftkurort Nordenau jetzt schwarz auf weiß. Was das ist, weiß
auch der Allgemeinmediziner nicht: "Als Erklärungsversuch sind
zum derzeitigen Stand lediglich psychosomatische Kausalitäten anzunehmen."
Immerhin gibt sich Steinbrück nicht mit der Phänomenbeschreibung
zufrieden, die ihm Entdecker Alwin van Balkom aus dem holländischen
Kerkrade zu Protokoll gegeben hatte.
Balkom (40), Elektrohändler aus dem südlichen Teil der Niederlande,
war dem strahlenden Grubenleben am 5. Januar 1992 "mehr oder weniger
zufällig" auf die Spur gekommen. Seine Eindrücke lesen
sich im Steinbrück-Papier so: "Es war für mich ein Moment
im Leben, der Segen und Erfüllung war. In sieben Minuten erfuhr ich
Angst, Wohltat, Erfüllung, Leid und Liebe. Das Wissen, etwas zu fühlen,
was für die meisten Menschen unerklärlich ist, war ein göttliches
Gefühl." Dr. Steinbrück: "In seiner weiteren Schilderung
stehen religiöse Motive im Vordergrund."
Alwin van Balkom hat mittlerweile seinen Wohnsitz von Kerkrade nach Nordenau
verlegt und betreut dort auf seine Art Menschen, die in der Grube Brandholz
Heilung suchen. Arzt Steinbrück formuliert das so: "Er leistet
vor Ort seinen Dienst am Menschen." Dabei ist der Mann aus Holland
ausgesprochen zurückhaltend und weist weit von sich, als Heiler oder
gar Wunderheiler bezeichnet zu werden.
Hans-Jürgen Steinbrück jedenfalls hat zum Phänomen Höhlenheilung
Annäherung mit rein wissenschaftlichen Methoden versucht: "Im
Hinblick auf ihre Erkrankungen und Heilerfolge wurden freiwillige Besucher
(Patienten) im Sinne eines clinical trial befragt." Dabei habe es
zu den Anliegen und Absichten des Grubenbesitzers gehört, "die
Phänomene einer schulmedizinischen Kontrolle zu unterziehen".
Dies nicht allein aus wissenschaftlichem Interesse, sondern auch, "um
sich Vorhaltungen von Scharlatanerie und Okkultismus widersetzen zu können."
Methodisch, so Steinbrück, musste die Befragung der 42 Höhlenbesucher
in bezug auf verschiedene allgemeinmedizinische Parameter nach den Grundsätzen
eines clinical trial erfolgen, "um den Aufwand in Grenzen zu halten".
Gleichwohl könne davon ausgegangen werden, dass "die Ergebnisse
der Stichprobe bedingt auf das Gesamt-Kollektiv übertragen werden
können". Und die Ergebnisse sind verblüffend genug. Total
geheilt: 30 Prozent, deutlich gebessert: 28 Prozent, etwas besser: 26
Prozent, keine Besserung zwölf Prozent, indifferent ("Weiß
nicht"): vier Prozent.
Genau die Hälfte der statistisch erfaßten Höhlengäste
litt an Beschwerden aus dem rheumatischen Formenkreis, elf Prozent war
neurologisch oder psychiatrisch erkrankt, je zehn Prozent plagten Haut-
oder Stoffwechselleiden. Bei jeweils fünf Prozent waren das Herz-Kreislauf-System
oder die Augenfunktion gestört. Drei Prozent verspürte Bronchialleiden,
je zwei Prozent klagten über Probleme im Magen-Darm- oder dem Hals-,
Nasen-, Ohrenbereich. Zwei Prozent plagte nur die Neugier.
Das Befinden während des Stollen-Aufenthalts wird von 70 Prozent
als "völlig normal", als nichts Besonderes" oder "indifferent"
beschrieben. Neun Besucher sprachen von einem "deutlichen Kribbeln".
Eine Besucherin mit schwerem Bronchialleiden konnte "das erstemal
wieder frei atmen". Der Rest protokollierte Wahrnehmungen von "Schweregefühl"
bis "Ziehen in den Waden". Der Stollenbesuch lag bei fünfmal
pro Person.
Dem Stollen-Quellwasser sprachen rund 40 Prozent der Besucher zu: Je nach
Beschwerdebild in Form äußerlicher Anwendungen wie Auftragen
auf die Haut oder Umschlägen, etwa bei schweren Arthrosen oder psioriatrischen
Hautleiden (Schuppenflechte); ebenso viele Besucher haben das Wasser getrunken.
Besonders die "totale Heilkur" brachte Besserung, so Arzt Dr.
Steinbrück.
Quelle: Lenne-Hunau-Kurier vom 5. Februar
1993
Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von © Lenne-Hunau-Kurier
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