| Gut 
      fünfzig Jahre war Joe Bullard nun Pfarrer, und er fand, damit habe 
      er sein Pensum geschafft. Seine winzige Baptistenkirche im amerikanischen 
      Knoxville zählte im übrigen nur noch ganze vierzehn Mitglieder, 
      und die kamen nicht einmal mehr regelmäßig. Zeit also, um aufzuhören. 
      Anfang November 1995 fuhr er mit seiner Frau Mildred an der kleinen weißen 
      Kirche vorbei, wo er so lange seine Arbeit getan hatte.
 Angesichts des bevorstehenden Abschieds waren sie in einer etwas wehmütigen 
        Stimmung. Plötzlich sahen sie - mit den Worten von Pfarrer Bullard 
        - "ein strahlendes weißes Licht, das für kurze Zeit das 
        ganze Gebäude zu umhüllen schien." Sie sahen, was sie sahen. 
        Doch was sollten sie damit anfangen? Der Pfarrer und seine Frau hatten 
        nicht die geringste Idee und gingen wieder ihren Alltagspflichten nach.
 
 Allerdings nicht lange. Am 8. November predigte Joe Bullard vor seiner Gemeinde. 
      Und während er da stand und redete, erschien an einer Seite der Kirche 
      ein helles weißes Licht. Bei näherem Hinsehen erkannte man die 
      Form eines großen Kreuzes. Bullards Reaktion und die seiner kleinen 
      Gemeinde ist verständlich: "Wir konnten es einfach nicht glauben."
 
 Das sollte sich bald ändern. Das Kreuz erschien nämlich immer 
      wieder, und es gesellten sich noch einige weitere dazu. Allesamt prächtige 
      Kreuze, die eine Höhe von rund zwölf Metern erreichten.. Von nah 
      und fern kamen Neugierige herbei, um zu schauen, was dort vor sich ging: 
      Gläubige, die darin ein Zeichen Gottes erkannten; Skeptiker, die herausfinden 
      wollten, was denn eigentlich faul an dieser Sache war; Menschen mit allerlei 
      Gebrechen, die auf Heilung hofften; Journalisten.
 
 Zu der letzten Gruppe gehört Bob Hurley. Er ist Kolumnist bei der Greenville 
      Sun, einem regionalen Blatt. In seinem Augenzeugenbericht erklärte 
      seinen Lesern: "in den letzten Tagen stehen mir nur noch die Haare 
      zu Berge, denn es gibt tatsächlich solche Kreuze in der Copper Ridge 
      Kirche. Das ist eine Tatsache. Zunächst war ich selbst ein bißchen 
      skeptisch. Doch jetzt, wo ich sie mit eigenen Augen gesehen habe, glaube 
      ich daran."
 
 Auch 
        Joe Bullard war inzwischen überzeugt. Für ihn stand fest, dass 
        da göttliche Kräfte am Werk waren, auch wenn er noch nicht genau 
        wusste, welche Schlüsse er daraus ziehen soltle. Eines Abends, als 
        er sich mit einigen Kirchenältesten in der Kirche versammelt hatte, 
        erschien ein großer Mann mit einem Turban auf dem Kopf, der langsam 
        den Seitengang nach vorn schritt. Joe Bullard: "Seine Gestalt war 
        absolut menschlich.
 
 Dann aber tauchten zwei andere auf, die wolkenförmiger aussahen und 
        ihm folgten. Alle paar Schritte wendete sich der letzte in der Reihe für 
        einen kurzen Augenblick um und winkte uns freundlich zu. Im vorderen Teil 
        der Kirche angekommen, machten sie kehrt. Wir hatten natürlich erwartet, 
        dass die letzten zwei nun vorangehen würden, aber der erste Mann 
        war wiederum vorne und die anderen folgten ihm, wie zuvor. Nachdem sie 
        das dreimal getan hatten, verschwanden sie."
 
 Ein 
        paar Tage später ging Joe nach einem nächtlichen Gang zur Toilette 
        zurück zu seinem Bett. "In meinem Zimmer erschien plötzlich 
        ein kleines Kreuz und ich hörte eine Stimme sagen: Halte die 
        Türen der Kirche geöffnet, und es wird nicht lange dauern, bis 
        ich wiederkehre.' Ich fragte: Wer bist Du?' Doch das Kreuz und die 
        Stimme waren nicht mehr da. Für einen Moment glaubte ich, den Verstand 
        zu verlieren."
 
 Verrückt? 
        Die Geschichte wird noch bunter. Denn Joe Bullard hält daran fest, 
        dass Kranke, wenn sie die Kreuze sehen, geheilt werden. Blinde. Taubstumme. 
        Ein Kokainabhängiger, Mitglied einer Motorradgang, wurde mit einem 
        Schlag von seiner Sucht befreit, als er ein solches Kreuz gesehen hatte. 
        Eine überglückliche Joan Anderson erzählte ihre Geschichte 
        im Oktober 1996 der Kokomo Perspective: Sie hatte einen Gehirntumor, den 
        die Ärzte nicht operieren konnten und kam mehr oder weniger durch 
        Zufall nach Knoxville, ohne jedoch von den besagten Heilungen zu wissen. 
        Am nächsten Tag merkte sie zu ihrer großen Überraschung 
        und Freude, dass ihre Kopfschmerzen verschwunden waren; der Tumor übrigens 
        auch.
 
 Die Lieblingsgeschichte von Pfarrer Bullard aber handelt von zwei Kindern, 
        die aufgrund eines ärztlichen Fehlers seit ihrem ersten Lebensjahr 
        taubstumm waren. Als sie eines Tages mit ihrer Mutter im Supermarkt von 
        Knoxville einkaufen gingen, kam ein Mann auf sie zu - ein großer 
        Mann in hellem Anzug. Er berührte die Köpfe der Kinder und sagte: 
        "Sie werden nicht für immer taub bleiben. Geh mit ihnen zu der 
        Kirche mit den Lichtkreuzen."
 
 Einige Tage darauf beschloss die Mutter, diesem Rat zu folgen. Kaum waren 
        die Kinder in der Kirche, als eines von ihnen aufgeregt durch das Fenster 
        nach draußen wies. Die Mutter übersetzte seine Gebärdensprache: 
        "Er sagt, dass Jesus draußen stehe ... Dass Jesus jetzt zu 
        uns hereinkommt..." Das Kind zeigte auch weiterhin auf die Gestalt, 
        aber niemand der Umstehenden konnte etwas erkennen.
 
 Nach zwei Wochen war die Frau mit ihren Kindern wieder da. Als gerade 
        ein Flugzeug über die Kirche donnerte, hielten sich die beiden fünf 
        und sechs Jahre alten Kinder die Ohren zu. Sie konnten das Getöse 
        hören, und seit diesem Moment, sagt Joe Bullard, nahm ihr Hörvermögen 
        stets weiter zu.
 
 Aber 
        gibt es nicht doch eine einfache Erklärung für die Kreuze? Sie 
        befinden sich auf irgendeine Weise im Glas selbst oder sind eine Widerspiegelung 
        des von außen einfallenden Lichts. Das wäre wohl eine einigermaßen 
        logische Antwort. Schaut man jedoch genau hin, so scheint es, als seien 
        die Kreuze etwa dreißig Meter von der Kirche entfernt.
 
 Und selbst wenn man die Kreuze als nicht vorhanden erklären wollte 
        (und könnte), gibt es immer noch diese Geschichten, die die Menschen 
        erzählen: Von Musik; von Gesang, den man manchmal in der Kirche gehört 
        haben will und der von außen durch die Wände nach innen zu 
        dringen scheint; von umherfliegenden Motten, die ein kleines, hell leuchtendes 
        Kreuz hinterlassen; von Heilungen. Und Joe zeigt den Besuchern Fotos: 
        Von zwei scheinbar durchsichtigen Männern in der Kirche. Von einem 
        leuchtenden Kreuz mit einem Gesicht dahinter. Von menschlichen Gestalten, 
        die von außen fotografiert, so groß wie die Kirche selbst 
        sind.
 
 Gerard 
        Aartsen, Übersetzer aus Amsterdam, machte dafür eigens einen 
        Umweg, als im Sommer 1996 in Amerika seinen Urlaub verbrachte. "Eigentlich 
        bin ich überhaupt kein Kirchgänger, aber als ich damals von 
        Lichtkreuzen hörte, so groß wie ein Haus, wollte ich sie natürlich 
        mit eigenen Augen sehen", erzählt er.
 
 "Ich war am 12. Juli dort. Um halb neun, als es gerade zu dämmern 
        anfing, wurden die Kreuze immer besser sichtbar. Weil Pfarrer Bullard 
        mir angeboten hatte, mich von meinem Motel zu der kleinen Kirche mitzunehmen, 
        war ich schon vor der täglichen "Öffnungszeit" dort. 
        Auf dem Hinweg bekam ich ein wundersames Ereignis nach dem anderen von 
        dem Pfarrer zu hören. Ich hatte noch nicht einmal die eine Geschichte 
        verdaut, da fing Bullard schon wieder mit der nächsten unglaublichen 
        an. Die Kreuze in den Fenstern sind in der Tat prächtig, im bildlichen 
        und wörtlichen Sinne."
 
 " Ich habe Fotos gemacht, ohne Blitz, aber sie sind fast alle überbelichtet. 
        Auf einem der Fotos kann man sehen, wie die Decke lichterloh zu brennen 
        scheint, während der untere Teil zeigt, dass die Kirche eigentlich 
        nur spärlich beleuchtet war. Eines der merkwürdigsten Phänomene: 
        Wenn man von einem der Fenster aus nach ganz rechts schaut, kann man das 
        Wort Jesus am Himmel lesen, ähnlich einer Neonreklame. Nur das E 
        ist spiegelverkehrt. Man beginnt wirklich an sich selbst zu zweifeln, 
        wenn man dies mit eigenen Augen sieht."
 
 Was Aartsen noch davon überzeugte, dass es etwas Besonderes mit dieser 
        Kirche auf sich haben muss, ist der physische Zustand des Pfarrers selbst. 
        Nach Angaben von Bullard - und dies ist mit Hilfe von medizinischen Gutachten 
        belegbar - war er vor dem Erscheinen der Kreuze mehr oder weniger Invalide. 
        Er war übergewichtig, lief an Krücken, konnte schlecht sehen 
        und hatte mit allerlei sonstigen Gebrechen zu kämpfen. "Während 
        meines Besuches lief er die ganze Zeit quietschfidel umher, ohne irgendwelche 
        Anzeichen von Schmerzen", versichert Aartsen.
 ...
 "Am 
        vergangenen Wochenende", so schrieb die Pasadena Star News ... am 
        27. Mai 1988, "meldeten Bewohner des kleinen Städtchens El Monte 
        in der Nähe von Los Angeles, dass sie in einem Badezimmerfenster 
        in einer der Wohnungen ein Kreuz haben leuchten sehen." Die Sache 
        führte zu einem regelrechten Volksauflauf. Bis spätabends standen 
        die Menschen zu Hunderten auf der Straße, die Augen wie gebannt 
        auf das Kreuz gerichtet.
 
 Was sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten: Es war nicht das einzige. 
        In dem gleichen südkalifornischen El Monte, und in der näheren 
        Umgebung, hatte man bereits zwölf Exemplare gesichtet. Das erste 
        davon eine Woche zuvor in der Wohnung von Margaret Romero und ihrem Mann, 
        Eltern von drei kleinen Kindern.
 
 Jemand beschrieb, was er dort in dem Haus der Romeros gesehen hatte: "Wir 
        standen draußen, und sahen es erstmals aus einem Abstand von ungefähr 
        sechs Metern. Das Kreuz schien größer zu werden je weiter wir 
        uns von dem Fenster entfernten, und kleiner, wenn man näher herankam. 
        Wenn man sich jedoch neben das Fenster stellte und hineinschaute, hatte 
        es den Anschein, als wenn sich das Kreuz im Zimmer befände, jetzt 
        wieder viel größer - etwa einen Quadratmeter groß."
 
 Margaret 
        Romero wollte Gewissheit und wandte sich an zwei verschiedene Glaserfirmen. 
        Eine davon war schon seit dreißig Jahren in der Branche tätig, 
        versicherte aber, dergleichen noch nie gesehen zu haben. Auch als man 
        das Glas herausnahm, um es durch ein anderes zu ersetzen, veränderte 
        dies nichts. Das Kreuz blieb im Glas. Die katholische spanischsprechende 
        Gemeinde hatte nur eine Erklärung dafür: "Ein Wunder Gottes."
 © 
        neue aspekte verlag München, 
        GbR
 
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