'Die Bedeutung von Wundern'



aus: Share International, Juni 2000




Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von © Share International

In einem ausführlichen Newsweek Artikel, 'Die Bedeutung von Wundern', erklärt der Journalist Kenneth Woodward die Umgangsweise der verschiedenen religiösen Traditionen mit Wundern und stellt Beispiele von wundersamen Erfahrungen unterschiedlicher Glaubensrichtungen dar.

"Jede Woche im Jahr versammeln sich irgendwo auf der Welt Gläubige, um die wundersamen Taten, die Gott oder die Götter, ein Heiliger oder Weiser zum Wohle der Gläubigen vollbrachte," schreibt Woodward. "Viele Juden und Buddhisten, sowie Christen, Hindus und Muslime erwarten - und nach ihren Aussagen, erleben - wundersame Hilfe in ihren Leben."

In den USA sagen laut einer jüngsten Newsweek-Umfrage 84 Prozent der erwachsenen Amerikaner, dass sie glauben, Gott vollbringe Wunder und beinahe die Hälfte (48 %) berichten, dass sie selber eines erfahren oder beobachtet haben. Drei Viertel der amerikanischen Katholiken sagen, dass sie für Wunder beten und von den Nicht-Christen - und Menschen ohne irgend einen Glauben - sagen 43 Prozent, dass sie um göttliche Hilfe gebeten haben.

Die meisten Amerikaner, die für Wunder beten, bitten um Heilung - für sich selbst oder nahestehende Personen. Fünfzig Prozent der Befragten sehen es als Gottes Verdienst an, Leute, die von den Ärzten als tot erklärt wurden, wieder ins Leben zurückgeholt zu haben.

"Wundergeschichten, überlieferte und moderne, haben zwei Funktionen", meint Woodward: "Im alten Indien wie im alten Mittleren Osten fungierten Wunder sowohl als Zeichen als auch als Wundertaten. Als Wundertaten riefen sie Ehrfurcht hervor; als Zeichen signalisierten sie immer die Präsenz einer transzendenten Kraft."

" Als der Buddha seine Gefolgschaft verblüffte, indem er sich in die Luft erhob, seinen Körper in viele Teile trennte und sie dann wieder zusammenfügte, zeigte er allen, dass er völlige Befreiung von den eisernen Gesetzen des Karma erlangt hatte."

" Als der Prophet Mohammed für seine Gefährten Wasser zum Trinken erschuf, demonstrierte er das Mitgefühl von Allah, dem All-Barmherzigen. Und als Jesus Lazarus vom Tode auferstehen ließ, signalisierte er seine Macht über den Tod und zeichnete seine eigene Auferstehung vor. Er ahmte auch die Wunder der früheren hebräischen Propheten Elia und Elisha nach und setzte ein Muster für dieselben Wunder, die später von den Aposteln Petrus und Paulus vollbracht wurden."

Beispiele von Wundern aus verschiedenen religiösen Richtungen werden beschrieben:

- Vor zehn Jahren bemerkte Bernadette McKenzie, damals 12 Jahre alt, dass sie nicht mehr aufrecht stehen konnte, selbst nach drei Operationen. Sie litt an einer angebundenen Wirbelsäule, einem seltenen angeborenen Zustand, der ständig Schmerzen verursacht. Die Nonnen an ihrer Schule in einem Vorort von Philadelphia begannen eine Reihe von Gebeten und baten um die Hilfe ihrer verstorbenen Gründerin, Mutter Frances de Sales Aviat, die sie als Heilige betrachten."

"Am vierten Tag kniete Bernadette selbst neben ihrem Bett und sagte zu Gott, dass, wenn ihr Leben so sein solle, sie es akzeptieren würde. Aber sie wollte es wissen - ein Zeichen. Wenn sie wieder gehen können werde, so bat sie, dann solle ihr Lieblingslied, 'Forever Young' als nächstes im Radio gespielt werden. So geschah es. Sie sprang sofort auf und rannte nach unten, um es ihrer Familie zu erzählen. Bernadette nahm noch nicht einmal wahr, dass ihre physischen Symptome verschwunden waren, etwas von dem ihre Ärzte sagen, dass es medizinisch nicht zu erklären sei. Ihre Heilung wird derzeit von Vatikan als mögliches Wunder untersucht."

- "So lange wie sie zurückdenken kann, hat Angela Boudreaux zu Francis Xavier Seelos gebetet, einem Erlösungspriester, dessen Knochen in ihrer Pfarrkirche in Gretna, Louisiana bestattet sind. Im Sommer 1966 wurde bei der heute 70jährigen Angela Leberkrebs diagnostiziert. Nachdem eine Sondierungsoperation eine riesige Tumormasse in 90 % des Organs zeigte, wurde ihr noch eine Lebenserwartung von zwei Wochen prognostiziert. 'Sie sah wie jemand aus einem Konzentrationslager aus," erinnert sich ihr Arzt, Dr. Alfred J. Ruffy Jr., mittlerweile pensionierter Professor der Wake Forest School of Medicine."

"Aber Angela betete zu Pater Seelos und bat um Zeit, ihre vier Kinder aufzuziehen. Beinahe sofort sah Ruffy wie der Tumor, der so groß wie eine Grapefuit war, zu schrumpfen begonnen hatte, ein Umschwung, der laut Ruffy nicht der rudimentären Chemotherapie zugeschrieben werden konnte, die er angewendet hatte. 'Es war der bemerkenswerteste Fall, mit dem ich je zu tun hatte," berichtet Ruffy. Im folgenden November war Angela wieder auf ihren Beinen und sorgte für ihre Kinder. Die römisch-katholische Kirche erklärte die Heilung als Wunder und vor zwei Wochen waren Ruffy und die Boudreaux Familie bei der Seligsprechung von Pater Seelos in Rom anwesend."

- "Vor einem Jahr schlurfte Tyler Clarensau zum Altar in der Park Crest Assembly of God Kirche in Springfield, Missouri. Es war, so meint er, wahrscheinlich das 200. Mal, dass er um Heilung für seine fehlstehenden Kniegelenke bat, die durch Operationen nicht wieder in richtige Stellung gebracht hatten. Plötzlich umkreiste ihn eine Gruppe von 40 anderen Pfingstteenagern und begann, zu beten. Allmählich schwoll der gesamte Gottesdienst zu einem lauten Gebet an."

"Eine Stunde später, als Stille einkehrte, verkündete ein ehrenamtlicher Kirchenmitarbeiter, dass Gott schließlich Clarensaus Beine geheilt habe. Etwas wackelig, mit allen Blicken auf ihn gerichtet, stand er auf. Er fing an, tiefe Kniebeugen zu machen, etwas, das er seit Jahren nicht mehr hatte tun können. Nun kann er rennen - langsam. 'Ich hatte Geschichten über Menschen gehört, die geheilt worden sind', meint der 15-jährige Tyler, 'und ich dachte, dass das ziemlich cool sei. Aber ich war mir nicht wirklich sicher, bis es bei mir selbst geschah.'"

- "Shoshana Levin ist eine Sängerin und Liedkomponistin aus einer liberalen jüdischen Familie von der Westküste. Aber die letzten zehn Jahre ist sie auch Studentin der Torah und Mitglied von Chabad Lubavitch, einer hasidischen Gruppe in Brooklyn, New York, und fromme Gläubige der Kraft ihres späten Rabbis, Menachem Mendel Schneerson.. Im Juli 1992 wurde bei Shoshanas Mutter Magenkrebs diagnostiziert und ihr keine weitere Lebenserwartung prognostiziert. Am Tag nachdem sie die Nachricht gehört hatte, ging Shoshana mit einem Brief zum Sekretär des Rabbis, in dem sie Schneerson um einen Segen (berucha) bat."

"Ihr wurde gesagt, nachmittags anzurufen, in der Zwischenzeit solle ihre Familie mezuzas im ganzen Haus verteilen, gute Taten vollbringen und Shabbos Kerzen anzünden. Ihre Mutter kam zögerlich den Instruktionen ihrer Tochter nach und füllte mehrere Schecks für wohltätige Zwecke aus. Am Nachmittag wurde Shoshana mitgeteilt, dass der Rabbi seinen Segen erteilt habe. Als der Arzt drei Tage später eine Biopsie bei ihrer Mutter vornahm, gab es keine Spur von dem Krebs mehr. 'Die Gebete von jemandem wurden erhört,' meinte der Arzt."

- Hisham Muhammed Kabbani ist ein Sufi Heiliger, ein Scheich aus dem Naqshbandi Orden des Islam, der seine Linie bis zu dem Propheten Mohammed zurückführt. Jetzt 55 und Leiter des Ordens in Nordamerika, hat er seinen Abschluss als Arzt an der Louvrain Universität in Belgien gemacht. Er erzählt eine Wundergeschichte, die sich 1971 zutrug, als sein spiritueller Meister Scheich Muhammed Nazim al-Haqqani dem Heim von Kabbani im Libanon einen seltenen und unerwarteten Besuch abstattete. 'Er sagte zu mir: "Ich habe eine Inspiration aus der Kette unserer Großmeister erhalten, dass Dein Vater heute Abend um 19.00 Uhr sterben wird."

"Ich fragte: "Woher wissen Sie das? Mein Vater ist alt, aber in guter Verfassung." Er antwortete: "Es kommt durch unsere Essenz und die spirituelle Verbindung, die über Tausende von Jahren weitergegeben wurde." Es war 17.00 Uhr und er sagte mir, ich solle die Familie zusammenrufen und meinem Vater nichts davon sagen. Fünf Minuten vor 19.00 Uhr kam mein Meister zum Zimmer meines Vaters. Mein Vater erzählte dem Scheich, dass er Schmerzen habe und sein Herz versage. Als die Uhr 19.00 Uhr schlug, ging mein Vater von dannen."

- "Maharaj Krishna Rasgotra, pensionierter Außenminister von Indien, erinnert sich präzise an den Tag vor beinahe 30 Jahren als er ein Anhänger von Sathya Sai Baba wurde, Indiens gefeiertstem lebenden Heiligen. Im Laufe der Jahre beobachtete der Regierungsoffizielle häufig wie Sai Baba das Wunder durchführte, das zu seinem Kennzeichen geworden ist - aus der Luft große Mengen von Vibhuti zu erschaffen, eine heiligen Asche, der seine Anhänger Heilkräfte zuschreiben. Aber es war 1986 als Rasgotra aus eigener Hand Babas Kraft erfuhr. Nachdem er einen Herzinfarkt erlitten hatte, lag er im Genesungszimmer eines Krankenhauses."

"Unter den herumlaufenden Ärzten und Krankenschwestern sah er Baba, obwohl der Heilige 1.600 km entfernt war. Als ihm die Ärzte sagten, dass er eine Bypassoperation brauche, um einen tödlichen Infarkt zu vermeiden, konsultierte Rasgotra vor Ort Baba in Person, der ihm sagte, dass er diese nicht brauche. Rasgotra unterzog sich nicht der Operation und spielt heute im Alter von 75 regelmäßig achtzehn Löcher Golf. 'Ich habe absoluten Glauben an Baba,' sagt Rasgotra. 'Was immer er sagt, geschieht auch tatsächlich. Wann immer man bei ihm ist, fühlt man, dass man etwas ablegt und eine neue Art von Leben gewinnt.'"

- "Buddhistische Weise sind vorsichtig damit, diese [wundersamen] Kräfte vor anderen zu gebrauchen, damit diese nicht das Ego aufplustern, welches sie zu überwinden versuchen. Der Ehrwürdige Meister Hsuan Hua, ein buddhistischer Mönch aus China, gründete 1970 in San Francisco ein Chan-Kloster. Aus Asien gibt es Berichte, dass er die Leiden derjenigen heilen könne, die willens sind, dem Dharma des Buddha zu folgen. Aber in den Vereinigten Staaten, wo er 1995 starb, dachte Meister Hua, dass der Gebrauch von übernatürlichen Kräften als Lehrmittel in einer rationalen, wissenschaftlichen Gesellschaft kontraproduktiv wäre."

Woodward schlussfolgert, dass "...während die Vereinigten Staaten Heimat für alle Weltreligionen werden, Wundergeschichten eine neue und beinahe gesellschaftliche Dimension gewinnen. Alldieweil sie zeigen, dass die Religionen sehr verschiedene Sichtweisen darüber haben, wie das Transzendente in der Welt arbeitet, müssen uns diese Unterschiede nicht voneinander trennen: Wundergeschichten laden die spirituellen Sucher auch ein, in Welten außerhalb ihrer eigenen zu reisen .... Wie ein altes hasidisches Sprichwort besagt: "Derjenige, der alle diese Geschichten glaubt, ist ein Narr, aber derjenige, der sie nicht glauben kann, ist ein Ketzer."

(Quelle: Newsweek, USA)

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